Messtechnik

5.April 2024

AD9833-Funktionsgenerator

Jeder Elektroniker hat einen oder mehrere Signalgeneratoren in seinem Bestand. Es liegt nahe, ein mobiles Gerät zu nutzen, das einfach zu bedienen ist, mit einem Frequenzbereich von typisch 1 Hz bis 3 MHz und mehreren Signalformen.

Ganz prima wäre es, wenn man solch ein Gerät vom Rechner aus steuern könnte, zwecks Automatisierung oder um einen Sweep vorzunehmen.

So fand ich dieses fernöstliche Modul >Signalgenerator, AD9833< dessen Beschreibung ganz gut aussieht – wenn man beim Lesen der Beschreibung nicht allzu kleinlich ist. 50 € sind zwar auch Geld, aber das Risiko hält sich in Grenzen, zumal Rückgaberecht besteht. Für den AD9833 gibt es eine ausführliche und lesenswerte Beschreibung: AD9833 datasheet von Analog Devices.

Das Gerät wurde in ein kleines Pultgehäuse eingebaut und erhielt eine eigene Stromversorgung (dazu später mehr in einem anderen Beitrag auf AoE-Blog).

Inzwischen liefern auch fernöstliche Hersteller fast immer eine Dokumentation auf Anfrage, ab und zu recht ausführlich und inklusive Schaltplänen. Zu diesem Gerät gibt es keine Unterlagen, auch nicht nachdem Amazon beim Hersteller VIKYE nachgefragt hatte. Dies hat zu manch unnötigen Umwegen geführt.

Das Gerät funktionierte auf Anhieb und ist intuitiv ganz gut zu bedienen. An den Touchscreen gewöhnt man sich schnell, auch an seine Eigenheiten. Weil die Bedienung per Finger bei mir gar nicht gut funktionierte, habe ich mir einen Kunststoffstift besorgt, mit dem es fast perfekt funktioniert.

Das Gerät liefert ein Sinussignal zwischen 1 Hz und 3 MHz. In der Beschreibung steht zwar “DC – 3 MHz“, aber das ist natürlich falsch. Rechtecksignal und Dreieck können zwischen 1 Hz und 1 MHz gewählt werden.

Das Rechtecksignal kommt mit einer Amplitude von ca. 3 Vpp, die anderen Signale mit 0,6 Vpp. Man braucht folglich einen einfachen Singlerail-OpAmp für die Nachverstärkung und um eine optimale Ausgangsimpedanz zu erreichen. Dafür reicht der MCP602 völlig aus.

Technische Beschreibung und Wirklichkeit
Immer interessant: Wie weit stimmt die Beschreibung in „Pidgin-Deutsch“ mit der Wahrheit überein? Tatsächlich ist die Benutzeroberfläche so gut wie selbsterklärend. Aber da ist dann noch die Information:

„Der Funktionssignalgenerator ermöglicht die Kommunikation mit dem PC über die TYP C-Schnittstelle, um Host-Computer-Software bereitzustellen.“

Diese Schnittstelle mag es möglicherweise geben – keine Ahnung, ob das so ist. Selbstverständlich habe ich über meinen Rechner mit jeder nur vorstellbaren Einstellung der USB-RS232C-Schnittstelle experimentiert, um mit dem Modul in Verbindung zu kommen. Hätte es eine Anleitung gegeben … siehe oben.

Bei keiner von über 50 Einstellmöglichkeiten (Baudrate, Stopbits, RTS etc etc) meldete sich das Modul, auch 50-fach „Power on/ off“ brachte nichts … bis ich dann mit dem Entschluss aufgab, einen steuerbaren Generator selbst zu bauen (auch davon später hier im AoE-Blog). Also ist das entweder nur Fake, um das Modul attraktiver aussehen zu lassen oder es wurden Einstellungen gewählt, die nicht von dieser Welt sind. Oder mein Modul hat da einen Defekt?

In diesem Punkt: 100 % Enttäuschung – das war keine schöne Erfahrung. Niemand kann/ will etwas dazu sagen. Im Netz ist auch nichts zu finden.

Eine weitere Verunsicherung bietet die Benutzeroberfläche: Sie zeigt eine Auswahl zwischen dem AD9833 und dem AD9834. Wenn man den AD9834 auswählt, kann man alle Funktionen ganz normal anklicken … nur passiert absolut gar nichts. Es gibt kein Ausgangssignal. Hier hat der Programmierer wohl den AD9834 antizipiert … kommt vielleicht irgendwann einmal. Diesen Punkt einfach ignorieren.

Messergebnisse
Der AD9833 ist für einen Frequenzbereich von 0,1 Hz … 12,5 MHz ausgelegt, weswegen es mich interessiert hat, warum dieses Modul nur einen Teil dieses Bereiches abdeckt und welche Qualität die gelieferten Ausgangssignale haben. Denn letztlich willst du mit diesen Signalen bei deinen Experimenten arbeiten.

Alle Messungen habe ich mit einem LeCroy LT344 direkt am Generator gemacht, also nicht hinter meinem Signalverstärker, der ja als Fehlerquelle in Frage käme. Der war bei allen Messungen abge-hängt.

Die gezeigten Signale kommen direkt aus dem Modul. Das Anschluss-kabel (SMA auf BNC) wurde vorher getestet und ist ausreichend gut an- gepasst, so dass es als Fehlerquelle ausscheidet.

Sinus
Im Bereich ab 10 Hz bekommt man ein sauberes Signal, ab 100 kHz sind DDS-Artefakte zu erkennen. Oberhalb von 1 MHz wird es dann schlimmer, bei 3 MHz ist komplett Feierabend. Dieses Signal ist stark verformt.

Schwierig wird es auch unterhalb von 10 Hz. Bei 1 Hz ist das Ausgangssignal im Bereich von 50 mV (!) und stark mit Rauschen überlagert. Ja – man kann natürlich ein Filter nachschalten, aber das ist nicht Sinn eines Generators.

Bei höheren Frequenzen steigt die Amplitude an und ist bei 50 Hz schon auf 600 mV mit kaum meßbaren Störungen. Wo genau was in der Schaltung passiert lässt sich nicht feststellen, denn es gibt – wie schon gesagt – keine Unterlagen.

Rechteck
Diese Signalform bringt eine Amplitude von mindestens 3 Vpp laut Datenblatt, bei mir 3,8 Vpp. Das Signal kommt bis 100 Hz als teils differenzierter Rechteck daher … da ist wohl ein RC-Glied dazwischen – und wird in Richtung 1 kHz besser. So bleibt es bis 1MHz. Die „schrägen Dächer“ sind natürlich nicht so toll. Da nimmst du bei niedrigen Frequenzen besser den Sinusausgang und hängst dir einen sauberen Schmitt-Trigger dahinter. Unterhalb von 100 Hz ist das Rechtecksignal nur in Ausnahmefällen zu gebrauchen.

Dreieck
Der Dreiecksbereich hat einen m.E. nutzbaren Frequenzbereich von 500 Hz bis 500 kHz. Unterhalb von 500 Hz sind die Dreiecksflanken „verschliffen“ – wieder mal das RC-Glied – oberhalb von 100 kHz nehmen die Verformungen und DDS-Artefakte immer mehr zu … bei 500 kHz ist kein Dreieck mehr zu erkennen.

Sweep-Funktion
Ganz praktisch ist die SWEEP-Funktion, die von einer niedrigeren zu einer höheren Frequenz mit wählbarem Schrittabstand alle Frequenzen durchlaufen lässt. Da es dafür keinen Triggerausgang gibt – das wäre natürlich cool gewesen – ist es nicht ganz einfach, damit einen Hochpass, Tiefpass, Bandpass zu testen.

In meinem Lab behelfe ich mir mit einer einfachen Triggerhilfe, die über „ext. Trigger“ die Ablenkung auf meinem Oszi startet, sobald ich den Sweep am Modul manuell starte. Das ist nicht elegant, erfüllt aber seinen Zweck.

Wie schnell der Sweep abläuft, wird nur durch die vorgewählten Frequenzschritte bestimmt. Auch das leider nicht völlig optimal. Hier ein Beispiel für einen Sweep von 10 Hz – 20 kHz mit drei verschiedenen Frequenzsprüngen. Die Zeitangaben stammen von der Stoppuhr.

Frequenzsprung jeweilsZeit
100 Hz~ 1 s
10 Hz~ 5 s
1 Hz~ 42 s

Referenzsignal verfügbar
Da das Referenzsignal heraus geführt ist, bekommt man einen Rechteckgenerator mit 25 MHz als Zugabe. Man kann zwar die Frequenz des Referenzsignales wählen, wie im nächsten Abschnitt gezeigt. Diese Einstellung verändert aber nicht die Frequenz des heraus geführten Clocksignales.

Referenzfrequenz verändern
Die Standard-Referenzfrequenz für die DDS-Synthese ist 25 MHz. Aber: Die Bedien-oberfläche erlaubt, die Referenzfrequenz zu verändern.

Wenn man z.B. die Referenzfrequenz auf 10 MHz eingestellt hat, dann erhöht sich die Ausgangsfrequenz um den Faktor 25/10 = 2,5. Wenn du eine Ausgangsfrequenz von 100 kHz einstellst, bekommst du 250 kHz.

Anderes Beispiel mit dem Faktor 10: Du stellst als Referenz 2,5 MHz ein. Er liefert dir die 10-fache Ausgangsfrequenz. Aus 500 kHz werden 5 MHz (liegt in den Specs des Chips, aber nicht des Modules). Das Signal ist nicht optimal. Wenn du es auf die Spitze treibst und 1 MHz eingibst, dann liefert er ein grottenschlechtes Signal von ca. 7,5 MHz. Es sind keine 10 MHz, weil das Signal kein Rechteck mehr ist.

Niedrigere Referenzfrequenz wählen
Jetzt die spannende Frage: Wenn ich jetzt so tue, als hätte ich eine Referenz-frequenz von z.B. 75 MHz – was passiert? Tatsächlich: Das Userinterface nimmt diese eigentlich unmögliche Referenzfrequenz als Rechengrösse an und teilt ganz einfach die eingestellte Frequenz durch 3.

Wenn du also 250 MHz als Referenzfrequenz eingibst – was passiert dann? Auch damit ist er einverstanden und teilt durch 10. Kann ich meinen AD9833 damit auch überzeugen, mit einer Periode von 0,1 s einen Rechteck zu erzeugen, obwohl das doch eigentlich nicht vorgesehen ist?

JA – liebe Hacker – das geht tatsächlich. Aber ein Rechteck ist leider wieder nur ein differenziertes Signal (siehe oben), weil der Output nicht statisch auf 3 V hoch geht und nach 10s auf 0 V, sondern er macht einen „Peak“ nach oben und 10s später einen „Peak“ nach unten. Nutzen kann man das, optimal ist es wohl eher nicht.

Das Datenblatt erklärt dazu im Detail, wie man Frequenzen ganz exakt einstellen kann, indem man die optimale Kombination aus Referenzfrequenz und Frequenzeinstellung wählt. Dazu braucht man direkten Zugriff auf die Register des recht leistungsfähigen AD9833.

Ungenutzte Möglichkeiten
Ein Blick in das AD9833 Datasheet offenbar auch, dass der Baustein nicht nur einen, sondern gleich zwei baugleiche Generatoren enthält. Über die Register kann jeder Generator programmiert werden und sogar die Phasenlage der beiden Signale zueinander kann dort definiert werden. Das eröffnet eine Fülle von Möglichkeiten, von denen der Nutzer dieses kleinen Moduls nichts mitbekommt.

Fazit
Auch wenn hier Kritik anklingt, so ist für meinen Geschmack das Preis-/ Leistungs-verhältnis dieses Moduls in Ordnung. Es läuft zuverlässig, begnügt sich mit weniger als 100 mA bei 5V und wird im Rahmen seiner Möglichkeiten eingesetzt. Man kann nicht viel falsch machen und hat mit wenig Aufwand ein funktionierendes Gerät.

Ausblick
Es hat aber auch dazu geführt, dass ich ein weiteres AD9833-Modul für ein paar €uro eingekauft habe, mit dem ein Generator entstanden ist, der die Möglichkeiten des AD9833 ausschöpft und viel mehr Möglichkeiten bietet. Vor allem war mir die Integration in meine Messaufbauten wichtig, was ich mir von diesem Fertigmodul ursprünglich erhofft hatte.

Demnächst mehr davon im AoE-Blog.

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