Art-of-Electronics

23.11.2024

Meine Großeltern betrieben nach dem Krieg eine Pension im Taunus. Mit 5 oder 6 Jahren war für mich das Telefon ein echtes Wunder. Es klingelte – und Oma nahm eine neue Buchung auf. Manchmal rief sie auch Leute an und achtete dabei auf das gravierte Messingschild vor dem Telefon mit der Aufschrift „FASSE DICH KURZ“. Telefonieren war vergleichsweise teuer. Ein echter Luxus noch.

Bei unserer jährlichen Wohltätigkeitsveranstaltung darf ich in der „Elektroabteilung“ unsere Besucher beraten. Wir verkaufen gespendete Dinge zugunsten von Menschen, die in Not sind. Zu diesen Dingen gehörte in diesem Jahr auch ein W48-Telefon (siehe Bild). Die Dame, die es kaufte, fragte dann ganz unschuldig, ob das wohl an ihrem Telefonanschluss funktioniert. Das habe ich ihr gleich ausgeredet. Aber sie meinte nur: „Sie sind doch im Repaircafé. Gibt es dort nicht jemanden, der das ermöglichen kann?“ Und schon hatte ich einen weiteren Affen auf der Schulter sitzen.

Mein falscher Ehrgeiz hat mich dazu verleitet, erst mal grob eine Schaltung zu entwerfen und die Idee für einen Sketch. Im Kern geht es darum, die Impulse der Nummernscheibe in die Töne um zu wandeln, die im MFV-Verfahren verwendet werden. Da ich mich etwas unter Zeitdruck fühlte – andere Projekte drängten – habe ich recherchiert, ob es so etwas vielleicht schon fertig zu kaufen gibt.

Es gibt auf dem Markt fertige Umsetzer für knapp 100€. Das war meiner W48-Freundin dann doch zu viel. Also habe ich weiter geschaut und fand eine passende Lösung auf dieser Website: http://taeubl.de/IWV-MFV/ Die „make-of-buy“ Entscheidung war für einen Preis von 20 € schnell zugunsten der fertigen Lösung getroffen.

Der Nummernschalter (Wählscheibe) ist mit dem Schraubenblock des W48 über vier Leitungen verbunden. Nach rund 75 Jahren waren die Leitungsfarben bei meinem Exemplar ein wenig verblasst. Deswegen empfehle ich, den Nummerschalter komplett ab zu klemmen und durch zu messen. Der Kontakt nsa schließt nur, wenn die Nummernscheibe aufgezogen wird. Diese Anschlüsse sind also leicht zu finden. Wenn man die beiden Leitungen des nsa identifiziert hat, müssen die anderen beiden Leitungen die Anschlüsse nsr / nsi sein. Das überprüft man am besten, indem man einen kleinen Stromkreis mit einer Batterie, einem Vorwiderstand und einer LED aufbaut. Man legt die Anschlüsse nsr / nsi in diesem Stromkreis und kann dann zusehen, wie die LED beim Ablaufen der Nummernscheibe blinkt. Dank der guten Beschreibung von Herrn Täubl, schon auf seiner Website, kann man damit die Anschlüsse der Nummernscheibe an den Umsetzer anlöten oder anschrauben.

Nun braucht man nur noch eine Drahtbrücke und den Anschluss der Stromversorgung für den Mikroprozessor (siehe Bild) her zu stellen, was ebenfalls auf der Website gut beschrieben ist. Damit sind wir betriebsbereit.

Zum Test habe ich die beiden Anschlüsse, mit denen das Telefon mit dem Netz verbunden wird, das sind La und Lb (weiss und braun, gelb, grün nicht beachten) an 12V Gleichspannung angeschlossen.

Wenn du jetzt die Nummernscheibe aufziehst, hörst du für jede Ziffer, die du wählst, den MFV-Wählton.

Fertig – jetzt funktioniert dein 75 Jahre altes Telefon am modernen Netz. Das nenne ich Upcycling ! Recht viel Spaß bei Umbau.